Höchstleistungs-Simulationen der Wellenausbreitung für Strukturuntersuchungen von Beton
Das Teilprojekt BU befasst sich mit der Optimierung der Coda-Wellen-Interferometrie-Technik (CWI) zur Bewertung von Stahlbetonbauteilen. Es umfasst Simulationen im Proben- und Bauteilemaßstab sowie die Anwendung von geophysikalischen Inversionstechniken, um den Einfluss von Belastungen auf die Wellenausbreitung zu untersuchen und die optimale Platzierung von Ultraschallsensoren zu bestimmen. Das Ziel ist eine qualitative und quantitative Langzeitbewertung von Stahlbetonbauteilen.
Projektbeschreibung
Experimente haben die Sensitivität von Ultraschallwellen für verschiedene Belastungen von Stahlbeton belegt. Analysewerkzeug ist hierbei die Coda-Wellen-Interferometrie (CWI). Beton ist jedoch ein stark heterogenes und dicht gepacktes Verbundmaterial. Aufgrund der hohen Anzahl von streuenden Bestandteilen und Lufteinschlüssen setzt sich die Ausbreitung von Ultraschallwellen in diesem Material aus einer komplexen Mischung von Mehrfachstreuung, Modenkonversion und diffusen Energietransport zusammen. Zum besseren Verständnis des Einflusses von Aggregaten, Porosität und Rissverteilung auf die Ausbreitung elastischer Wellen im Beton und zur Optimierung von Inversionstechniken ist es sinnvoll, den Wellenausbreitungs- und Streuprozess explizit im Zeitbereich zu simulieren. Wir verwenden zu diesem Zweck die “Rotated Staggered Grid” (RSG) Finite-Differenzen-Technik zum Lösen der Wellengleichungen für elastische, anisotrope und / oder viskoelastische Medien.
Das Teilprojekt BU der Forschergruppe gliedert sich in fünf Arbeitspakete (AP):
Das erste konzentriert sich auf Ultraschallsimulationen als Service für Kooperationspartner (insbesondere mit RUB1, BAM und TUM2). Mit dieser Aufgabe setzen wir die enge Zusammenarbeit zu diesem Thema in der ersten Phase der Forschergruppe fort. Im zweiten Arbeitspaket werden wir digitale Zwillinge durch computertomographische (CT) Bilder weiterentwickeln. Mit diesem Tool schätzen wir den Einfluss unterschiedlicher Belastungen (Feuchtigkeit, Temperatur und mechanische Belastung) auf das Gefüge von Beton ab. Die auf Materialwissen basierende Bildsegmentierung ist dabei ein entscheidender Schritt. Durch die Transformation mehrerer „Digital Rock Physics“-Ansätze von der Geophysik auf Beton können wir den entsprechenden Einfluss auf die effektiven Eigenschaften von Beton abschätzen. In AP 4 verwenden wir die Ergebnisse von AP 3, um den entsprechenden Einfluss auf das Coda-Signal abzuschätzen. Mit Hilfe eines internationalen Partners werden wir außerdem weitere Techniken des maschinellen Lernens anwenden, um das Coda-Signal sowohl in synthetischen als auch in realen Strukturen zu interpretieren. Das vierte Arbeitspaket zielt darauf ab, die Time Reverse Imaging (TRI)-Technik zur Lokalisierung und Charakterisierung akustischer Ereignisse zu einem aktiven TRI zu erweitern, dass die Coda-Signale verwendet, um Schadenszonen zu lokalisieren und zu charakterisieren. Das Ziel von AP 5 ist die Anwendung der maschinellen Lerntechniken zur Identifizierung der unterschiedlichen Belastungen (AP 3) und der Aktiven-TRI-Technik zur Lokalisierung von Schadenszonen (AP 4) an den im Hauptantrag der Forschergruppe vorgeschlagenen Reallaboren (Gänstorbrücke und eine U-Bahn Station in München) zu testen.Zusammenfassend werden wir CWI mit Hilfe von leistungsfähigen Computersimulationen und der Anwendung von geophysikalischen Inversionstechniken optimieren. Die qualitative und quantitative Langzeitbewertung von Stahlbetonbauteilen wird weiterentwickelt.
Bisherige Ergebnisse
In der ersten Förderungsperiode wurden im Teilprojekt BU die Coda-Wellen-Interferometrie (CWI) verwendet, um Mikrorisse in Betonstrukturen frühzeitig zu erkennen. Durch numerische Simulationen an realistischen Betonmodellen konnten Änderungen der Ultraschallwellenausbreitung in verschiedenen Schadensszenarien detektiert werden.
Dazu wurden realistische Betonmodelle mit unterschiedlichen Korngrößenbereichen erstellt und mittels diskreter Elemente simuliert, um virtuelle mesostrukturelle Betonmodelle mit Mikrorissen zu generieren. CWI wurde verwendet, um Änderungen der Ultraschallwellenausbreitung in diesen Modellen zu detektieren und zwischen diffuser und lokalisierter Schädigung zu unterscheiden. Die Ergebnisse zeigten, dass CWI eine vielversprechende Methode zur frühzeitigen Erkennung von verteilten Mikrorissen in Betonstrukturen ist, insbesondere wenn lange Aufzeichnungslängen und mehrere optimal platzierte Transduktoren verwendet werden.
Mit Machine-Learning-Methoden und einer reflektierten Coda-Wellen-Technik konnte außerdem eine beschädigte Zone mit einem einzigen Sensor erkannt werden. Hierfür wurde ein numerisches Modell erstellt, um die Auswirkungen von verschiedenen Faktoren wie Streuung, Rauschen, intrinsischer Dämpfung und Sensoren-breite auf die Genauigkeit zu untersuchen. Die Methode kann als Ergänzung zur traditionellen Coda-Wellen-Interferometrie angewendet werden und bietet die Möglichkeit, fortschrittlichere Bildgebungstechniken in diesem Zusammenhang einzusetzen.
Ein weiteres Ergebnis stellt die untersuchte Vorhersage von Rissgrößen in Materialproben mithilfe von Machine-Learning-Methoden. Dazu wurden numerische Modelle mit verschiedenen Rissgrößen erstellt und mit Hilfe von Simulationen der Wellenausbreitung untersucht. Durch Auswertung der reflektierten und transmittierten Signale mit Hilfe von künstlichen neuronalen Netzen konnte eine Vorhersagegenauigkeit von über 96% erreicht werden. Dabei haben sich bestimmte Signalparameter als besonders relevant für eine gute Vorhersage herausgestellt. Die untersuchten Methoden stellen ein vielversprechendes Werkzeug für die zerstörungsfreie Prüfung von Materialien dar.